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Der Wald, das Wasser, die Eisenerzgewinnung und die Verhüttung im späten Mittelalter und der frühen Neuzeit
Voraussetzungen für das Aufblühen der Oberpfalz im späten Mittelalter (ab dem 14. Jh.) zu einem europäischen Eisenszentrum

Im 12. und 13. Jahrhundert verlagerte sich die Eisenverhüttung von den Erzgewinnungsstätten auf den Hochflächen der Frankenalb in die Täler, wo man mit Wasserkraft der Flüsse und Bäche in den Hammerwerken die Eisenverhüttung wesentlich effektiver betreiben konnte. Der Prozessablauf blieb der gleiche wie im Rennofen. Im „Zerrennherd“ entstand metallisches Eisen, das in einem mit Schlacken vermengten Klumpen („Luppe“) verteilt war. Diesen schmiedete man unter dem großen Hammer aus. Durch Aufheizen im „Wellherd“ unter höheren Temperaturen drang gelöster Kohlenstoff in das Kristallgitter des Eisens ein. Es entstand damit eine Eisen-Kohlenstoff-Legierung, das schmiedbare Eisen (Stahl).


Abbildung: Der Holzbedarf für die Bergwerke war erheblich, wie in der Grube
St. Georg in Sulzbach-Rosenberg zu sehen ist. Nur der starke Aus-
bau der Stollen und Strecken ermöglichte den Untertagebergau in
dem teilweise lockeren Nebengestein.

Abbildung (Modell im Bergbau- und Industriemuseum Ostbayern in Theuern): Pferdegöpel waren im Amberger Erzbergbau üblich. (Göpel sind mechanische Vorrichtungen, um z. B. mit der Zugkraft von Tieren, die eine kreisförmige Bahn ziehen, Lasten zu heben.) So konnte man das Eisenerz aus den unteren Sohlen nach Übertage fördern. Natürlich mussten auch hier die Schächte mit Grubenholz ausgezimmert sein.

Abbildung: Standorte Oberpfälzer Hammerwerke im Jahr 1475 (aus: Ress, M. 1950) Einschließlich einiger Hämmer im Nürnberger Raum werden 247 Hämmer aufgelistet. Im Raum Schnaittenbach finden sich zwei Eintragungen, eine davon in Holzhammer. Die zweite Eintragung dürfte den Hammer in Kettnitzmühle betreffen.

Organisatorische Grundlage der Eisenwirtschaft der Oberpfalz war die „Große Hammereinung“ von 1387. Hier schlossen sich 69 Bürger der Städte Amberg, Sulzbach und Nürnberg, welche Hammerwerke betrieben und weitere Hammermeister zu einem kartellartigen Verbund zusammen. Dieses Vertragswerk hielt mit Änderungen bis 1648/49. Eines der Ziele dieses Vertrags („Einung“) war die Beseitigung des Notstands, der durch den hohen Holzverbrauch für den Bergbau und die Herstellung von Holzkohle für die Hammerwerke entstand. Um der Abholzung der Wälder Einhalt zu gebieten, waren auch Produktionsbeschränkungen festgelegt. Da ein enges Zusammenspiel zwischen Eisenerzbergbau, Verhüttung in den Hammerwerken (den „Schienhämmern“) und Vertrieb bestand, prosperierte die Oberpfalz als europäisches Eisenzentrum. Der Niedergang des Eisengewerbes setzte am Beginn des 30-jährigen Krieges ein. Grund waren unter anderem das Festhalten an der damals bereits veralteten Technologie der Eisenherstellung in den Hammerwerken. Erst als die ersten Holzkohlehochöfen in Betrieb genommen („angeblasen“) wurden, z. B. in Rosenberg 1693 oder in Bodenwöhr 1717, erholte sich langsam die Eisenwirtschaft der Oberpfalz. In der zweiten Hälfte des 19. Jh. kam es durch den Bedarf an Eisenbahnschienen und durch die Einführung der neuen Technologie der leistungsstärkeren Kokshochöfen in Sulzbach-Rosenberg zu einem Wiederaufstieg.


Abbildungen: Hammersiedlung Holzhammer um 1600, Hammerwerk Kettnitzmühle um 1600

Abbildung: Hammerwerk, Getreidemühle und Sägewerk (von unten nach oben) in Wolfsbach im unteren Vilstal, Landkreis Amberg – Sulzbach, Anfang des 18. Jh.

Waldbau und Eisenerzeugung
Holznutzung und Bergbau bestimmten über mehrere Jahrhunderte die Waldentwicklung in unseren Wäldern. Ganz besonders intensiv wirkte sich das Eisengewerbe in der Zeit vom 13. Jahrhundert bis zum Ende des 18. Jahrhunderts aus, das auf Holzkohle angewiesen war.

Hierzu ein Zahlenbeispiel zur Erläuterung: Mit 7 Zentner Holzkohle wurden aus dem Erz 5 Zentner Eisen erzeugt. Für 7 Zentner Holzkohle brauchte man aber 10 Festmeter Holz. Also grob gerechnet: Für 1 Zentner Eisen wurden 2 Festmeter Holz benötigt.

Welche Holzmengen für die Eisenerzeugung im Raum Amberg verkohlt wurden, zeigen folgende Zahlen (aus: F. Fritsch 1974).

Jahr Eisenproduktion (in Zentner) Festmeter Holz
1387 132600 265200
1475 231000 462000
1545 352000 704000
1609 415950 831900

Hinzu kam der riesige Bedarf an Brennholz, Holz für den Grubenausbau und an Werkholz. Grob vereinfachend kann gesagt werden: Es wurde doppelt so viel Holz genutzt wie im gleichen Zeitraum zugewachsen ist. Das konnte nicht gut gehen! Es wurde tief in die Substanz der Wälder eingegriffen, man lebte vom Waldkapital und nicht von seinen Zinsen!

Der Zustand des Waldes verschlechterte sich von Jahrzehnt zu Jahrzehnt. Hinzu kam noch eine deutliche Verarmung der Artenvielfalt an Bäumen: Für die Gewinnung erstklassiger weicher Kohle eignete sich die Kiefer am besten, deshalb war diese Baumart auch am begehrtesten. Die Nutzung des Kohleholzes erfolgte gewöhnlich im Kahlschlagverfahren, wobei 50- bis 60-jährige Bestände an jungen Kiefern bevorzugt wurden, da deren Holzstärke am günstigsten war. Die Wiederbewaldung erfolgte zunächst durch natürlichen Anfl ug, der sich vielfach nur sehr zögerlich einstellte. Der Nürnberger Ratsherr Peter Stromeier erfand 1368 die „Tannensaat“ (künstliche Saat), ein Verfahren, den Wald nach dem Raubbau wieder aufzuforsten. Wo noch wenige Jahrhunderte vorher artenreiche Mischbestände aus Kiefer, Fichte, Tanne, Buche, Eiche, Linde, Ulme und Birke wuchsen, wurde nun die Kiefer zur fl ächendeckenden Hauptbaumart. Während noch im 16. Jahrhundert die Buche zu einem Viertel am Waldaufbau beteiligt gewesen sein soll, waren dann nur noch ausgedünnte Kiefernbestände übriggeblieben.

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